Vom kreativen Chaos zur klaren Struktur – und warum es riskant ist, die GoBD zu ignorieren
Als ich meine Bachelorarbeit über die Umsetzung der GoBD-Anforderungen in der Filmbranche schrieb, war das kein trockenes Pflichtprogramm – sondern ein ehrliches Interesse daran, wie Buchhaltung in der Praxis funktioniert. Mich hat damals schon interessiert, wie sehr sich rechtliche Anforderungen und IT-Systeme gegenseitig bedingen – und wie oft Unternehmen mit vermeintlich pragmatischen Lösungen (Stichwort: Excel) an ihre Grenzen stoßen.
Ich wollte verstehen, wie man Buchhaltung so digital aufstellt, dass sie einer Prüfung standhält – ohne dass sie gleich zur Wissenschaft wird. Und was soll ich sagen: Das Thema hat mich nicht mehr losgelassen. Denn wer sich heute mit Unternehmenssoftware, Prozessen oder digitalen Tools beschäftigt, kommt an den GoBD kaum vorbei.
Die Finanzverwaltung prüft zunehmend digital und orientiert sich dabei an einem klaren Regelwerk: den GoBD. Doch was verbirgt sich eigentlich dahinter? Und wie gelingt eine praktische Umsetzung, die nicht nur rechtssicher, sondern auch effizient ist?
Was sind die GoBD?
Die GoBD stehen für die "Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff". Sie wurden vom Bundesministerium der Finanzen formuliert, um im digitalen Zeitalter klare Rahmenbedingungen für eine ordnungsgemäße Buchführung zu schaffen. Die letzte Aktualisierung erfolgte im März 2024.
Zu den zentralen Prinzipien gehören:
- Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit von Geschäftsvorfällen
- Vollständigkeit und Richtigkeit der Aufzeichnungen
- zeitgerechte Buchung
- Unveränderbarkeit von Daten
- sichere und geordnete Aufbewahrung steuerlich relevanter Informationen.
Diese Anforderungen gelten unabhängig von der Größe des Unternehmens oder der Branche.
Was genau verlangt der Gesetzgeber?
Die Anforderungen der GoBD klingen zunächst abstrakt, sind aber in der Praxis sehr konkret umzusetzen. So müssen Unternehmen sicherstellen, dass alle Geschäftsvorfälle lückenlos dokumentiert und auch Jahre später noch nachvollzogen werden können. Änderungen an Daten dürfen nur erfolgen, wenn sie dokumentiert und protokolliert sind – etwa durch ein revisionssicheres System.
Darüber hinaus ist es notwendig, Buchungen und Belege zeitnah zu erfassen. Während dies bei bargeldintensiven Betrieben täglich zu erfolgen hat, reicht in anderen Fällen eine Erfassung innerhalb von zehn Tagen. Auch die Ordnung spielt eine große Rolle: Belege müssen systematisch abgelegt und schnell auffindbar sein.
Ein weiterer, oft unterschätzter Aspekt ist die Verfahrensdokumentation. Jedes Unternehmen muss festhalten, wie genau seine Buchhaltung abläuft – also wer was wann wie macht und mit welchen Systemen gearbeitet wird. Diese Dokumentation ist verpflichtend und wird bei Prüfungen regelmäßig eingefordert.
Wer ist betroffen?
Die GoBD betreffen alle, die steuerlich relevante Daten elektronisch verarbeiten. Das schließt nicht nur große Unternehmen mit komplexen ERP-Systemen ein, sondern auch Freiberufler, Selbstständige, Agenturen, Online-Händler sowie kleine und mittelständische Unternehmen.
Selbst wer nur eine Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) erstellt und zur Rechnungserstellung Word oder Excel nutzt, ist verpflichtet, die GoBD einzuhalten – sobald Daten digital verarbeitet werden.
Warum Excel allein (oft) nicht ausreicht
Viele Unternehmer greifen aus Gewohnheit zu Excel oder Word, um Rechnungen zu schreiben oder Einnahmen zu erfassen. Doch genau hier liegt ein häufig unterschätztes Risiko: Excel erfüllt zentrale Anforderungen der GoBD schlichtweg nicht.
Die Software erlaubt jederzeitige Änderungen an Daten, ohne diese automatisch zu protokollieren. Es gibt keine integrierte Zugriffsverwaltung, keine revisionssichere Archivierung und keine Funktionen zur Festschreibung von Buchungen. Zudem ist Excel fehleranfällig – ein falscher Klick oder eine fehlerhafte Formel kann die gesamte Buchführung verfälschen.
In der Folge kann es passieren, dass das Finanzamt die Buchführung als nicht ordnungsgemäß einstuft – mit zum Teil erheblichen finanziellen Konsequenzen.
Risiken bei Nichtbeachtung der GoBD
Wer die GoBD ignoriert oder nur teilweise umsetzt, riskiert erhebliche Konsequenzen. Dazu gehört etwa die Verwerfung der Buchführung durch das Finanzamt, was zu einer Schätzung des Gewinns führt – in der Regel zum Nachteil des Unternehmens.
Auch Steuernachzahlungen, Verzugszinsen und Bußgelder können die Folge sein. In besonders gravierenden Fällen drohen sogar strafrechtliche Konsequenzen, etwa bei vorsätzlicher Manipulation von Daten. Darüber hinaus führt eine mangelhafte Buchhaltung oft zu erheblichem Mehraufwand bei Betriebsprüfungen.
Moderne Lösungen: Was heute hilft
Zum Glück gibt es inzwischen zahlreiche Softwarelösungen, die Unternehmen bei der GoBD-konformen Buchführung unterstützen. Programme wie Lexoffice, SevDesk, Buchhaltungsbutler oder DATEV bieten Funktionen wie automatische Protokollierung von Änderungen, revisionssichere Archivierung, Benutzerrollen und Zugriffsrechte, sowie integrierbare Verfahrensdokumentationen.
Wichtig zu betonen ist jedoch: Auch wenn eine Software GoBD-konform ist, bleibt die Verantwortung beim Unternehmen. Es reicht nicht, ein geeignetes Tool zu nutzen – es muss auch korrekt und vollständig angewendet werden.
Fazit: Ordnung ist kein Selbstzweck
Die GoBD sind mehr als ein bürokratischer Rahmen – sie schaffen Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Sicherheit. Wer sich mit dem Thema ernsthaft auseinandersetzt, profitiert von klaren Strukturen, geringeren Risiken und einer stabilen Grundlage für unternehmerische Entscheidungen.
Mit etwas Organisation, der richtigen Software und einer klaren Verfahrensdokumentation wird GoBD-Compliance zur Chance – nicht zur Hürde.
Weiterführende Links
📄 BMF-Schreiben vom 11.03.2024 (aktuelle GoBD-Version)
t3n: Warum Unternehmen und Freiberufler hohe Steuernachforderungen riskieren
EY: Transparente Prozesse in der Steuerfunktion
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